Das verMöBL XXL

Das verMöBL XXL – ein Kunst Prekariat auf 1000 Quadrat
Künstlerische Demonstrativbespielung eines Industrieleerstandes im Windschatten der Immobilienspekulation

Wir sind schon seit einiger Zeit auf der Suche nach einem künstlerisch vielfältig nutzbaren und leistbaren Kunstort, der sowohl für interdisziplinäre Vernetzung und transkulturelle Entfaltung, als auch multimediale Produktionsstätte und lebendige Vermittlungstätigkeit Raum bietet. Als prekär schaffende Selbständige sind wir und viele unserer Kolleg_inn_en auf einen preiswerten Wohn- und Arbeitsraum angewiesen. Trotz relevanter Leerstände in Graz gestaltet sich die Suche nach adäquaten Räumlichkeiten nicht nur wegen der pandemiebedingten Einschränkungen, sondern v.a. aufgrund eines immensen Preisanstiegs von Immobilien und einer uneingeschränkten Spekulation am Markt als äußerst schwierig.

Nun konnte jedoch die Zwischennutzung eines gesamten Stockwerks mit ca. 1000 m² im Geschäftszentrum Plabutscherstraße 63 (früher Pichler Möbel) als Kunstraum gefunden werden. Eine Nutzung des ehemaligen Möbelpräsentationsraumes als temporäres Kunstbiotop mit Lager-, Produktions- und Ausstellungsfläche durch die Vereinigung APORON 21 wurde bis Ende 2022 vereinbart, da folgend der gesamte Gebäudekomplex umgebaut wird. In Absprache mit den Eigentümern können in Phasen weitere tausende Quadratmeter Leerstand in der Immobilie angemietet und künstlerisch bespielt werden.

Diese Möglichkeit einer günstigen und doch exklusiven Zwischennutzung und Transformation der leerstehenden Industrieräume dient als temporärer Inkubator neuer künstlerischer Arbeits- und Lebensformen in der urbanen Peripherie von Graz. Die Transitionsprozesse von einer Produktionsstätte für Möbel, über ein kleinteiliges Geschäftszentrum, zu einem temporär-freien Kunstraum, bis schlussendlich ein renditenoptimierter Exklusivwohnbau daraus entstehen soll, nehmen wir zum Anlass, um in und mit diesen prekären Produktionsbedingungen die möglicherweise letzten Frei- und Spielräume für experimentelle Kunst in einem „kurzfristig von den Zwängen der Ökonomie befreiten“ Kunstraum zu erkunden. In einer Art Schubumkehr der baulichen Gentrifizierungswellen werden kreative Zwischenräume des Widerspruchs ermöglicht, die als Leuchtturmprojekt weithin ausstrahlen und als „best practice model“ auch für weitere Immmobilienleerstände adaptierbar und umsetzbar sind.

In kooperativen Prozessen zwischen den APORON 21 Mitgliedern und lokalen und internationalen Künstler_innen, Kulturschaffenden und Wissenschaftler_innen (mit Fokus auf den Westbalkan) werden interdisziplinäre Positionen zu aktuellen Themen unserer Gesellschaft in Transition entwickelt – Umwelt und Urbanität, Ökologie und Nachnutzung von bestehender Bausubstanz durch innovative Konzepte aus Kunst und Kultur, künstlerische Strategien für eine post-covid-society, globale Migration und lokale Identität, sowie Friedens- und Konfliktlösungsarbeit durch Kunst und Kultur.

Kunstparkour prekARTe / PrekAIRe Residency

Ziel des Projektes ist der temporäre Aufbau eines prekären Kunstraums in Gösting für zeitgenössische künstlerischen Produktion, Auseinandersetzungen, lebendiger Austausch, grenzüberschreitender Diskurs, Vernetzung, Co-Creation und Vermittlung. Ein freies Kunstbiotop mit Arbeits- und Ausstellungsflächen für verschiedenste prozesshafte Interventionen entsteht.

Bis Ende 2022 ist der sich stets verändernde und ständig wachsende Kunstparkour „prekARTe“ geplant mit wechselnden und aufeinander aufbauenden Gruppen- und Einzelausstellungen, Performances, Lectures/Präsentationen, multimedialen Interventionen, Soundinstallationen, Konzerten, Workshops, Mentoringprogramm und geführten Rundgängen in Kleingruppen. Angesprochen werden ein erweitertes Umfeld an  Künstler_innen, die prekär leben und arbeiten oder sich mit dem Thema in ihrer Arbeit kritisch auseinandersetzen.

Im Austauschformat PrekAIRe Residency werden  internationale Künstler_innen kurzfristig vor Ort leben, arbeiten und prozesshaft den Parkour erweitern.

Der Kunstparcour führt durch ein facettenreiches Diorama eines zeitgenössischen, avantgardistischen Kreativprekariats.

Die Wechselwirkungen zwischen der Schaffung kultureller Werte und der Produktion urbaner Räume jenseits von Wettbewerbs- und Standortfaktoren wird künstlerisch verhandelt. Der soziokulturell unterentwickelte und kulturpolitisch benachteiligte Grazer Bezirk Gösting wird demonstrativ künstlerisch aufgewertet. Graz und die Steiermark werden mit einem dynamischen, auch überregional wirkenden temporären Kunstraum mit lebendigem Austausch und nachhaltigem Netzwerk bereichert.